Das Bild ...

Mit einem Format von 57x92 cm ist dieses komplexe Werk für eine Darstellung des Ablaufs der einzelnen Stationen der Passion Jesu Christi nicht besonders groß. Im Vergleich etwa zum fast 6 Meter breiten Isenheimer Altar ist es geradezu klein. Auch die beiden zum Vergleich herangezogenen Darstellungen der Passion Christi durch unbekannte Meister aus dem Wallraf-Richartz-Museum in Köln (die ebenfalls Simultanbilder sind) sind deutlich größer. Gemalt ist das Bild mit  Öl auf Holz. Wer das Bild einmal in einer simulierten Originalgröße betrachten will, kann dies hier.

Hans Memlings Passionsbild ist ein raffiniertes Werk, und zwar nicht nur, weil es dramatisch eine der wichtigsten religiösen Geschichten erzählt, sondern auch, weil es dazu kunstvoll den Gang der Sonne und damit das Licht einsetzt. Im Zentrum des Bildes steht die Stadt Jerusalem - gezeichnet nach dem Vorbild mittelalterlicher Städte. Auftraggeber des Bildes war offensichtlich für das Ehepaar, das man knieend links und rechts unten am Bildrand sieht. Durch Porträtbilder, die Memling angefertigt hat, kann man schließen, dass es sich um den in Brügge lebenden Florentiner Bankier Tommaso Portinari und dessen Frau Maria Baroncelli handelt. Es wird vermutet, dass ihre Hochzeit der Anlass für den Auftrag an Memling für das Bild war.


Das Bild von Hans Memling teilt sich  wie ein früher Comic in zahlreiche einzelne Sequenzen auf, die kunstvoll miteinander verwoben sind. Anders als im Comic kann man dieses Bild aber nur verstehen, wenn man die zugrunde liegende Geschichte schon kennt (denn es gibt keine Sprechblasen). Um den Ablauf der Bewegung nachvollziehen zu können, muss man wissen, wo man mit dem Blick anfangen soll. In diesem Fall beginnt die Geschichte links oben mit dem Einzug Jesu in Jerusalem, wandert nach rechts zur Tempelreinigung und dann nach links unten über das Abendmahl und Gethesemane zur Gefangenahme. Dann geht der Blick ins Zentrum über die Verleugnung des Petrus, Jesus vor Pilatus, die Geißelung, die Dornenkrönung, das zweite Gespräch mit Pilatus mit dem so genannten 'Ecce homo'. Nun wandert der Blick zum rechten Bildrand über den Kreuzweg nach oben zur Kreuzigung und dann wieder zurück nach unten über die Kreuzabnahme bis in die Tiefe zu Jesu Besuch im Reich des Todes, um dann wieder aufwärts zu gehen zur Auferstehung und zu den Erscheinung des nachösterlichen Christus.

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